Wagner in Bordeaux
25.07.2013

Wagner in Bordeaux
Selbst wenn man versucht, diese Geschichte zu vereinfachen - sie bleibt kompliziert :
Durch ‚Rienzi’ und der ‚Fliegende Holländer’ bereits berühmt, traf Richard Wagner in Dresden Mademoiselle Jessie Taylor, wohin ihre Bewunderung sie verschlagen hatte und wo sie den Proben für Tannhäuser beiwohnte. Sie besaß die Partitur, für die sie - durch Vermittlung von Karl Ritter - um eine Widmung gebeten hatte.
Voller Scheu „teilte mir die junge Dame ihre Bewunderung mit, in Ausdrücken, die ich noch nie gehört hatte“. Das war 1848. Sie war 19 Jahre alt. 1849 aber nahm Wagner an der Revolution in Dresden teil und musste – geächtet – ohne Pass und Geld in die Schweiz und später nach Paris fliehen. Dort erreicht ihn 1850 eine dringende Einladung von Jessie, doch nach Bordeaux zu kommen – „ein neue Entwicklungen in meinem Leben“. Ihre Mutter hatte sie an einen jungen Weinhändler, Eugène Laussot, verheiratet.
Mit der Postkutsche aus Paris erreicht Wagner am Samstag, den 16. März Bordeaux und steigt bei den Laussots ab. Seinen Freunden, Theodor Uhlig in Dresden und Wilhelm Baumgartner in Zürich, teilt er folgende Adresse mit: „Madame Jessie Laussot, 26 Cours du XXX Juillet. Dieselbe Adresse schreibt er an seine Frau Minna, aber unter dem Namen „Monsieur Eugène Laussot“. Er wird mit „Höflichkeit und Freundlichkeit“ empfangen. Er fühlt sich „wie im Paradies“: „Hier kennt man meine Werke bis auf die kleinste Note“, schreibt er. Zunächst eingeladen zu einen ‚kurzen’ Aufenthalt bleibt er schließlich drei Wochen. Jessie ist 21 Jahre alt. Als kultivierte Frau und Musikerin spricht sie Deutsch ohne jeden Akzent. Sie spielt die Hammerklaviersonate und die schwierige Große Sonate von Wagner. Er liest ihr die Libretti seiner zukünftigen Opern ‚Siegfried’ und ‚Wieland, der Schmied’ vor, die sie besonders schätzt.
18 Monate später, der Tannhäuser ist weit weg, nimmt der erste Akt der Walküre Gestalt an und Tristan schafft den Durchbruch. Wagner gibt an, mit ihr „etwas engere Bekanntschaft“ gepflegt zu haben. Als Witwe eines englischen Rechtsanwalts ist die Mutter, Madame Taylor, sicherlich reich; er bittet sie, einen Rentenantrag von 3000 Francs „zu gewähren“. Mit diesem Geld möchte Wagner nach Malta fahren, nach Griechenland, in den Mittleren Osten … mit Jessie. Als Wagner am 5. April nach Paris zurückkehrt, trennen sie sich „ungewiss und unglücklich“.
In einem Brief, datiert auf den 16. April, verkündet Wagner seiner Frau Minna in einem Brief voller Vorwürfe, dass er sich scheiden lassen will. Während Wagner in Paris ist, vertraut Jessie ihre Sorgen, oder ihre Pläne, ihrer Mutter an, die ihrerseits den Ehemann informiert. Dieser hat nur noch ein Ziel: „Eine Kugel in den Kopf des Komponisten zu platzieren“. Minna ihrerseits bleibt nicht untätig. Das bringt Wagner zu der Entscheidung, seinem Rivalen zu schreiben und ihm anzubieten, die Affäre auf gütliche Art und Weise vor Ort zu regeln.
Kann er eine Frau mit Gewalt zurückhalten, die nichts mehr von ihm will? Im Mai bricht er eilig nach Bordeaux auf, nachdem er sich in dem Hotel verabredet hat, in dem die Aussprache statt finden soll. Er kommt am 18. Mai 1850 um 9 Uhr an, bezieht das "Hôtel des 4 Sœurs". Er wird vergeblich warten. Die Laussots haben bereits die Stadt verlassen. Abends erreicht ihn die Vorladung eines Polizeikommissars, der ihn darüber informiert, sein Aufenthalt sei illegal und ihm zwei Tage gibt, die Stadt zu verlassen. Zeit für Wagner, einen langen Brief an Jessie aufzusetzen und zu hinterlegen. Im Juni lässt sie ihm ausrichten, dass sie sich nicht mehr wiedersehen werden.
So hat es also niemals „Laussotlieder“ gegeben und Wagner hat niemals „Wieland, der Schmied“ komponiert. Die Liebesaffäre scheiterte. Wagner ging nach Zürich, wo er bald Mathilde Wesendonck traf. Im "Hôtel des 4 Sœurs" erinnert noch heute ein Porträt an den kurzen Aufenthalt Wagners im Mai 1850, sein Enkel Wolfgang Wagner wohnte 1997 dort. – Jessie Laussot verließ ihren Mann 1853. Sie lebte in Florenz, wo sie den Schriftsteller Karl Hillenbrand, einen Freund Nietzsches, heiratete – einen ehemaligen Chronisten der Zeitung „La Gironde“ in Bordeaux.
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Der Originaltext ist unter dem Titel
Promenades Européennes (Europäische Spaziergänge)
auf folgender Webseite zu finden:
http://www.bertrandfavreau.net/promenadeurop24.htm

1984 gründet Favreau den Preis Ludovic-Trarieux, der jedes Jahr an einen Anwalt vergeben wird, der sich für die Menschenrechte und gegen Rassismus und Intoleranz in allen Formen einsetzt. Der erste Ludovic-Trarieux-Preis wurde 1985 Nelson Mandela zuerkannt, der sich zu der Zeit seit 23 Jahren in Südafrika in Gefangenschaft befand.
2013 wurde der Preis in Berlin an Muharrem Erbey (Türkei) vergeben.
1986 gründet er die 'Union des avocats européens' , eine Vereinigung europäischer Anwälte mit Sitz in Luxemburg, 2001 das Menschenrechts-Institut der europäischen Anwälte IDHAE, dessen Präsident er ist.
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Tags für diesen Artikel: bordeaux, france, frankreich, gefährliche liebschaften, jessie laussot, Literatur, wieland der schmied
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