
© Anne Provoost
Daniela Seel, geboren 1974 in Frankfurt/Main ist eine deutsche Lyrikerin, Übersetzerin, Herausgeberin und Verlegerin. 2003 gründete sie, mit Andreas Töpfer
kookbooks – Labor für Poesie als Lebensform. Ihre Gedichte erschienen in Zeitschriften, Zeitungen, Anthologien, im Internet und im Radio.
Für ihr verlegerisches Engagement erhielt sie den Kurt-Wolff-Förderpreis 2006 und den Horst-Bienek-Förderpreis 2007. Ihr erster Gedichtband »ich kann diese stelle nicht wiederfinden«, kookbooks 2011, wurde mit dem Friedrich-Hölderlin-Förderpreis, dem Ernst-Meister-Förderpreis und dem Kunstpreis Literatur von Lotto Brandenburg ausgezeichnet.
wo ihr körper beginnt
nehmen sie dieses haus als außenposten
meines bewusstseins zum beispiel
in winkeln und nischen huschen tiere
die ganz ohne wimpern sind ich wollte sie
lange betrachten aber konnte nicht fangen
was sich so rasch bewegt immer musste ich
blinzeln vielleicht war es ein trick vielleicht
mangel an werkzeug ich wollte begreifen und
vermochte doch keine gewohnheit auszubilden
biene zu sein spinne fledermaus dieses haus
hat keine braue unter die ich mich zwinkernd
zurückziehen kann was wüsste ich da von
jener erdachten katze besäße ich auch
die nase einer ratte
*
eine so duldsame geste der reverenz. bitte,
setzen sie sich. ich kann das nicht
wiederholen. i believe in performance
as ritual, to be in the piece
rather than to be looking at the piece
from the outside. wo licht uns umschließt
wie kleidung, die uns erst wirklich macht.
nein, streichen sie das. licht umfließt
körper nicht. sie stoßen es ab.
*
ich habe mir ihren körper dann einfach
umgebunden wie eine schürze.
distanz gewinnen, eine bewegung,
die nur in der zeit existiert, nicht im raum.
wie sinne verhalten steuern. ihrer stimme
habe ich immer vertraut, nicht den augen.
ich kann nicht aufhören, das zu wiederholen.
einträge von ausrichtung. diese bewegung,
die meinen körper konstituiert. ihre stille,
dressierte präsenz. ich will diese schürze
nie wieder ausziehen.
Aus »
ich kann diese stelle nicht wiederfinden«, kookbooks 2011