„Die Donau befindet sich auf der Karte, das haben wir in Geografie gelernt. Doch die Donau ist in sich eine Karte, ein Ding, das aus unterschiedlichen Geschichten besteht: aus Orten und Landschaftsbildern, an denen der Fluss vorüberzieht, aus Menschen und Taten, aus Verzicht und Erinnerungen.
Die Donau ist eine persönliche Karte, die man auf einem Tisch ausstrecken kann und die einem den Weg zeigt. Das Gedicht DANUrB ist die Karte meiner Donau- es zeigt die Orte und Wege, die ich gegangen bin.”, sagt Angelica Stan.
Dieses Gedicht ist Teil eienr Installation, die in Bratislava, Belgrad, Wien, Budapest und Bukarest ausgestellt wird. Die Ausstellung wird von OIKODROM (Österreich) organisiert, die offiziele Partner des Projektes DANUrB sind.
DANUrB Gedicht - Angelica Stan
deutsch von Heidi Dumreicher
(
Lepenski Vir, autumn, 2017)
die form des kopfes wird wichtig
wenn der wind
die türen für den herbst aufmacht
das ende des novembers ist niemals
leicht
die donau drängt die dinge die bekannt sind an den rand
des frontallappens dieser erde
der von seinen gedanken bewohnt wird
wie von inseln
die man nicht erwartet hat.
(
Golubac, autumn, 2017)
wir fahren mit dem auto vorbei
die landschaft verlässt leise die linsen
nebel lässt die karosserien verrosten
die stahlarkaden der brücke werden leicht
und die foto apparate machen dieses häusliche klicken
und erinnern uns daran wie leicht die menschen sich provozieren lassen
von einem nichts
von einem bild das sie täuschen kann
ein ganzes leben lang
ohne dass sie wüssten weshalb.
(
Derdap, autumn, 2017)
zwischen fisch und mensch
liegt ein offener mund. er vermischt
jahrtausende von flüssiger sprache
jartausende von stummem stein
die perfektion vervollkommnet die zähne
aller kreaturen.
zwischen nomaden und sesshaften
ist der kopf zwischen waagrechten schieferschichten gefangen
in den ausgrabungen entspricht eine stufe
mindestens einem jahrtausend
(sie verstanden sicherlich etwas von geometrie)
menschen mit intaktem skelett
kniend in ihren gräbern
brücken aus knochen
und daneben immer ein persönlicher gegenstand
eine makete
eine heugabel
ein knopf
eine haarnadel.
brave knochen
wissenschafltich vergewaltigt.
***
vom anderen ufer aus
scheint meine heimat ein geheimnisvoller planet
die poesie macht aus dem licht ein fossil
der kopf macht aus dem rücken der donau ein fossil
und schickt sie durch horizonte
aus feuchter erde
und fäulnis.
***
(
Giurgiu, autumn, 2018)
schiff und menschen
in einem langsamen vortex
fäuste aus fels schultern mit
kräftigen knochen von
serben vlachen slaven
menschen-fische
im einverständnis mit jahrhunderten die
neue tierarten ermutigen
neu und endemisch
die entsanden sind als folge eines grossesn zusammenbruchs
in einem aquarieum wo wir einander intensiv anschaun
jeder den anderen
im grün das kocht
unterhalb.
***
(
Silistra, autumn, 2018)
tischdämonen
mitten in waggons voller waren
gerätschaften überwuchert von zaubern
hoffen auf überleben
frische farbe
mitleid
und geld.
***
(
Smederevo, spring, 2019)
die furcht erschafft territorien
rüstungen, iatagane
tiefe keramikvasen
mit metallboden
säbel die mit der spitze nach oben steckengeblieben sind
und rache versprechen
die angst organisiert dreiecke
ungefähr gleichseitige
umgeben von dicken mauern
verstärkt durch quadratische türme
die angst erschafft räume
vieleckige räume
zerstört despotische dynastien
am friedlichen ufer der donau
steine
entnommen aus der antiken geschichte
gebete in der mauer die mit eiern zusammengepickt ist
vermischt mit erde und mit gras
schmale nischen
die waffen der deutschen explodieren im schwarm
der spatzen
an einem groassartigen juni-tag