
© Goethe-Institut Bukarest
„Von den vielen Welten, die der Mensch nicht von der Natur geschenkt bekam, sondern aus dem eigenen Geist erschaffen hat, ist die Welt der Bücher die größte“, meinte der deutsche Autor Hermann Hesse. Welche Arbeit auch im physischen Objekt Buch steckt, konnten die Gäste der DLITE-Veranstaltung mit der Lektorin Tatjana Michaelis am 23.10.2018 in der neuen Bibliothek des Goethe-Instituts anschaulich erfahren.
Tatjana Michaelis ist Lektorin im Bereich Belletristik im
Carl Hanser Verlag München und betreut dort seit vielen Jahren das Programm für internationale Literatur für Frankreich, Skandinavien, Holland, Israel und Osteuropa, darunter auch einige rumänischen AutorInnen. Anschaulich schilderte sie den Weg vom Manuskript zum fertigen Buch in einem deutschen Verlag und gewährte umfassende Einblicke in ihre Arbeit.
Am Anfang jedes Buches steht die Textakquise. In den seltensten Fällen läuft dies heutzutage über eine Entdeckung unter den beim Verlag eingesandten Manuskripten. Oft gehen die Verlage gezielt auf AutorInnen zu, mit denen sie Kontakte pflegen. Zu neuen AutorInnen lassen sie sich von Scouts und LiteraturagentInnen beraten, häufig auf Buchmessen wie in Frankfurt. Gerade im Bereich der internationalen Literatur sind auch die Empfehlungen der ÜbersetzerInnen von großer Relevanz.
Am zeitaufwändigsten ist und bleibt die Textarbeit am Originalmanuskript, die von den LektorInnen in enger Absprache mit den Autoren oder Übersetzern vorgenommen wird. Hinzu kommen Begleittexte wie Vor- und Nachworte, Klappentexte und Vorschautexte für Websites und Kataloge.
Für die Herstellung müssen ein Umschlag-Design und Druckformat gewählt und die Texte nach dem Layout in mehreren Schleifen korrigiert werden. In Absprache mit der Marketing- und Presseabteilung erstellt der/die LektorIn zudem ein Verkaufskonzept für das Buch. Im Pressebereich ist nach wie vor die Kontaktpflege zu Journalisten eine zentrale Aufgabe. Neben dem klassischen Zeitungsfeuilleton werden zunehmend auch neuere Formate wie Podcasts und Blogs interessant. Nicht zuletzt unterstützen LektorInnen ihre AutorInnen bei der Organisation ihrer Lesereisen.
Der VerlagslektorIn begleitet also den Text aus der Hand des AutorIn bis in die Hand des LeserIn. Tatjana Michaelis verglich ihre Funktion mit der eines Fluglotsen, der für eine sichere Landung des Flugzeugs sorgt.
In der anschließenden Diskussion wurden Ähnlichkeiten und Unterschiede zur Situation in Rumänien besprochen.