
Max Oravin |© Clara Wildberger
Max Oravin ist ein österreichischer Dichter und audiovisueller Performer. Er ist Teil des Netzwerks für junge deutschsprachige Lyrik, Babelsprech. ´ Im Rahmen der Hundertjahrfeier der Nationen in Bukarest las er Auszüge aus seinem Werk.
Eine Auswahl seiner Werke findet sich auf
Max Oravin
Gibt es etwas, das deinen Schreibprozess hemmt? Oder den Auftritt vor Publikum?
Mein Schreibprozess ist von einem vorsprachlichen Zustand im Hirn bestimmt, einem musikalischen Zustand, in dem sich noch sinnlose Lautketten rhythmisch und melodisch zum Gesang formen. Dieser Gesang, das Textskelett, wird dann in einem fortschreiten-dem Probieren und Verwerfen mit Textfleisch befüllt. Ist dieser Zustand nicht gegeben, ist das Schreiben gehemmt, manchmal unmöglich. Eine mir wichtige Aufgabe als Dich-ter ist es, diesen Zustand künstlich herstellen zu können und nicht von seinem zufälligen Erscheinen abhängig zu sein.
Das Lesen vor Publikum ist höchstens durch ungenügende Vorbereitung gehemmt. Als audiovisueller Performer bin ich allerdings manchmal von schlechten technischen Vor-bedingungen betroffen, die daraus entstehenden Probleme können Konzentration vom Auftritt abziehen und dessen Qualität mindern.
Welche Schrifsteller und Performer magst du? Welche Erwartungen hast du von Lesungen und Performances?
Meine Haupteinflüsse kommen derzeit aus der Clubkultur, die mir von der Ästhetik, vom Auftrittsrahmen und der Intensität am meisten zusagt. Auch geschehen einige der aufregendsten Experimente der Stimmverfremdung in diesem Bereich, einem Feld, in dem ich mich selbst bewege.
Als Performer spüre ich auf jedenfall die Aufmerksamkeit des Publikums, eine höhere Intensität führt auch bei mir zu einer höheren Konzentration und beinahe Berauschung an der Vortragssituation.
Gibt es kulturelle Bereiche, in denen Entwicklungen stattfinden, die die „Schablone” ändern und zu Innovationen führen? Welche sind diese?
Einige der aufregendsten Entwicklungen sehe ich, wie gesagt, in der Clubkultur. Hier werden Räume und kollektive Erfahrungen geschaffen, die jenseits traditioneller Auf-führungspraktiken liegen.
Innerhalb der Literaturwelt ist es sicher die Lyrik, die am meisten Experimente erlaubt und die im letzten Jahrzehnt im deutschsprachigen Raum einen Aufschwung erlebt hat. Es tut den Kunstformen auch immer gut, sich an den Rändern zu öffnen und vielleicht die Schaffung von Kunstwerken zu ermöglichen, deren Genrezuordnung nicht eindeutig ist.
Welches Buch (das noch nicht übersetzt wurde) würdest du so bald wie möglich auf Deutsch lesen wollen? Warum?
Ich wünsche mir oft es wäre möglich, chinesische Lyrik angemessen zu übersetzen. Vor allem mit englischen Übersetzungen klassischer chinesischer Lyrik habe ich viel Zeit verbracht. Es gehört zu meinen glücklichsten Leseerfahrungen, gleichzeitig bin ich mir der Inadäquatheit dieser Erfahrung bewusst.
Hast du irgendwelche Tabus?
Viele, bestimmt. In der Kunst gilt es natürlich zuallererst alle Formen der Selbstzensur zu umgehen. Gerade in der Lyrik wird man schnell mit verborgenen Seiten seiner selbst konfrontiert.