
|© Jan Böttcher
Jan Böttcher ist Sänger, Songwriter und Prosa-Autor, mit einem Faible für den Osten. Geboren 1973 in Lüneburg, lebt in Berlin. Sein letzter, viel beachteter Roman „Y“ (2016) spielt teilweise im Kosovo. Sein neuer Roman „Das Kaff“ erscheint im Frühjahr 2018.
Sie haben eine Woche in Rumänien verbracht. Welche Erwartungen hatten Sie vor der Reise und gab es irgendwelche Überraschungen?
Es ist immer so, dass man seine Urängste hat zu Hause, wenn man die vier Wände verlassen muss - die habe ich auch schon gehabt, als ich für meinen letzten Roman im Kosovo recherchiert habe. Am Ende ist dann alles anders, als man denkt. Ich bin positiv beeindruckt; die Menschen, die ich getroffen habe, waren sehr freundlich, sehr bescheiden, was mir immer sehr gut gefällt, weil ich das auch selber hoffe zu sein. Als Schriftsteller steht man letztendlich in einer großen Menge von anderen Stimmen, die alle gut schreiben können.
Welche Erwartungen haben die rumänischen Autoren von ihrem eigenen Schreiben und welche Themen beschäftigen sie?
Wenn ich sage, dass sie bescheiden sind, das bedeutet, dass sie auch nicht immer zuerst über ihre eigenen Texte sprechen, und auch nicht über ihre Poetik. Die muss man über die Texte, die man bekommt, dazu denken. Ich glaube, es ist auch nie so richtig ratsam, mit den Autoren über sie selbst zu sprechen. Viel interessanter war es von den Autoren und Autorinnen über die politische Lage im Land zu hören, darüber haben wir uns viel ausgetauscht. Ich bin selbst kein Poet im luftleeren Raum, sondern schreibe Prosa gekoppelt an zeitgeschichtliche Themen und ich erwarte auch von anderen Autoren, dass sie das tun.
Wie beurteilen Sie den Auftritt Rumäniens auf der Leipziger Buchmesse?
Das werde ich genauer herausfinden, wenn ich mit den Planern dieser Messe ins Gespräch kommen werde. Ich habe ein sehr gutes Interview gelesen mit Gerhard Csejka, der vor zwanzig Jahren das Programm für Rumänien verantwortet hat, als es schon einmal Schwerpunktland war. Er hat schon da sehr klar gesehen, dass das ein Gelenk ist, wo man mitbedenken muss, was ein Land über das andere denkt.
Glauben Sie, dass es immer noch solche Werke sind, die einen Bezug zu dem Kommunismus haben, die das Interesse erwecken?
Ich glaube schon, dass die kommunistische Zeit - vielleicht nicht die 50er sondern eher die 80er Jahre - noch interessant ist, vor allem auch für ostdeutsche Leser. Ich bin aus Westdeutschland und kenne den Kommunismus erst aus der Zeit danach. Im Jahr 1993 bin ich nach Berlin gekommen und habe mich dann wahnsinnig viel mit der DDR beschäftigt, was natürlich nicht alle tun, denn es gibt auch innerhalb Deutschlands eine große Ignoranz von West nach Ost. Ich kann mir aber auch sehr gut vorstellen, dass das neue Rumänien sehr viel Interesse erwecken kann, also solche Schriftsteller, die ein Alltagsbild Rumäniens vermitteln. Es gibt Autoren aus anderen osteuropäischen Ländern, die totale Gegenwart beschreiben und die in Deutschland beliebt sind.