
Foto party/ lectură publică Wladimir Kaminer ©| Centrul Cultural German Cluj-Napoca
In der Woche vor Ostern gab es prominenten Besuch in Klausenburg: auf Einladung des Goethe-Zentrums weilte der Kultautor, Radiomoderator und DJ Wladimir Kaminer in der Stadt. Der charismatische Wahlberliner las aus seinem Debütroman „Russendisko“; anschließend wurde die Verfilmung des Buchs gezeigt. Den Abschluss des Abends bot eine Russendisko-Party im Klausenburger Club Flying Circus.
„Privat ein Russe, beruflich ein deutscher Schriftsteller“ schreibt Wladimir Kaminer über sich selbst. 1967 in der damaligen Sowjetunion geboren, studierte er Dramaturgie am Moskauer Theaterinstitut und wanderte 1990 nach Ostberlin aus. Angesteckt von der Aufbruchsstimmung des wiedervereinigten Berlins entschied er sich im Szeneviertel Prenzlauer Berg zu bleiben – wo er mit seiner Frau Olga bis heute in der Nähe des berühmten Mauerparks wohnt. Einen Namen machte er sich mit seiner Partyreihe „Russendisko“, die seit 1999 regelmäßig im Kaffee Burger ausgerichtet wurde. „Russendisko“ ist auch der Titel seines im Jahr 2000 erschienenen Debütromans, der eine Gesamtauflage von weit über 1 Mio. Exemplaren erreichte. Um die 20 weitere Bücher sollten bis heute folgen.
Es gibt Autoren, die zwar gut schreiben aber nicht sonderlich gut vortragen können – dieses Problem kennt Wladimir Kaminer augenscheinlich nicht. Er steht gerne vor einem Publikum, erzählt ausschweifend, mit viel Humor und seinem charakteristischen starken Akzent. In Klausenburg las er vorwiegend aus „Russendisko“, das auch in rumänischer Sprache erschienen ist (Übersetzt von Radu-Mihai Alexe, erschienen im Idea-Verlag). „Russendisko“ erzählt skurrile und humorvolle Geschichten aus den Einwanderermilieus Berlins kurz nach der Wende. Dabei haben viele der mit scharfer Beobachtungsgabe geschriebenen Anekdoten auch heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Wie Kaminer beispielsweise mit den Tücken der deutschen Sprache zwischen Sprachkursen und veralteten sowjetischen Lehrbüchern kämpfte, konnten viele aus dem zahlreich erschienenen Publikum wohl nachvollziehen. Im steten Wechsel mit ihm las die Klausenburger Slam Poetin Maria Cărbunaru aus der rumänischen Übersetzung des Buches. Gegen Ende der Veranstaltung überraschte Kaminer mit ein paar Exzerpten aus einem neuen Manuskript in dem er sich auf humorvoll-kritische Weise mit den Irrungen und Wirrungen einer Kreuzfahrt auseinandersetzt – wie immer basierend auf tatsächlich Erlebtem und mit feinem Gespür für alltägliche Situationskomik.
Im Anschluss an die Lesung wurde die Verfilmung von „Russendisko“ aus dem Jahr 2012 gezeigt. Der Film, der nur lose auf dem Buch basiert und stattdessen die (größtenteils fiktiven) Erlebnisse eines jungen Kaminers in Ostberlin nacherzählt, bot mit seinem treibenden Soundtrack die perfekte Einstimmung für den letzten Programmpunkt des Abends: die Veranstaltung einer echten Russendisko-Party mit Wladimir Kaminer hinter dem DJ-Pult. Die mitreißende, sofort zum Tanzen einladende Mischung aus russischer und ukrainischer Volksmusik mit Elementen aus Punk, Pop und Elektro wurde dann auch vom Klausenburger Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Nach einem dreistündigen Set wurde der Berliner mit frenetischem Jubel verabschiedet.
Allem Anschein nach beruhte der positive Eindruck, den Kaminer bei seinem ersten Transsilvanien-Besuch hinterließ auf Gegenseitigkeit. Mit etwas Glück wird sich das auch in einer zukünftigen Geschichte oder Kolumne des Berliner Autors wiederspiegeln.
Autor: Ingo Tegge, Leiter des Deutschen Kulturzentrums Klausenburg.