
Ioana Casapu | © Ionuț Staicu
Ioana Cristina Casapu ist mit Sicherheit eine der literarischen Entdeckungen des Jahres. Ihr Debütroman
Deviații de Stereo (Stereo Schwankungen) greift das Thema der Liebe in Zeiten des Internets auf. Die virtuelle Realität der sozialen Netzwerke und das konkrete Leben, das sich im Offline abspielt: dies sind die beiden Polen, zwischen denen sich ihre Romanfiguren bewegen. In einem authentischen Ton geschrieben, liest sich das Buch in einem Atemzug. Mit der Jungautorin haben wir uns, unter anderem, über Liebe und über ihre Erfahrung in Berlin (wo sie als Chefredakteurin des Online-Magazins
Berlin Art Parasites gearbeitet hat) unterhalten.
Du hast ein Jahr in Berlin verbracht. Wie war diese Zeit für dich?
Mir hat einfach alles an Berlin gefallen, obwohl es auch Momente gab, in denen sich das Heimweh stark einstellte. Ich glaube, es geht allen so, die länger als nur ein paar Urlaubstage an einem Ort verbringen müssen. Dennoch ist Berlin eine Stadt, in der das Leben einfach pulsiert, sogar dann, wenn man denkt, man ist von der Außenwelt abgeschieden. Berlin ermöglicht einen ständigen Austausch mit Künstlern, Kulturmenschen, Geschäftsleuten. Gleichzeitig ist sie aber auch eine Stadt der Liebe, des Flirts, der glücklichen Zufälle, der Musik und des Tanzes. Ich habe das Gefühl gehabt, in Berlin wie in einem Film gelebt zu haben.
Gibt es etwas, das der Stadt fehlt?
Ich glaube dafür war ich viel zu kurz dort. Es ist mir aber aufgefallen, dass in den öffentlichen Einrichtungen zu wenig Englisch gesprochen wird. Und das bei einer so bunten Mischung der Bevölkerung.
In deinem Buch sprichst du über die Liebe in den Zeiten der sozialen Netzwerke. Glaubst du, dass Liebe in diesem digitalen Zeitalter noch möglich ist?
Liebe ist jederzeit möglich, die Frage ist nur, ob wir noch bereit sind, der Liebe einen Platz in unserem Leben einzuräumen.
Was hast du beim Schreiben des Romans neues über die Liebe herausgefunden?
Ich habe verstanden, dass man Leute lieben kann, ohne unbedingt das Leben mit ihnen teilen zu müssen. Ich habe verstanden, dass diese manchmal die einzige Möglichkeit ist, zu lieben, vor allem dann, wenn die Sterne für die eine Beziehung nicht gerade günstig stehen. Ich habe verstanden, dass wir uns in manchen Liebesbeziehungen widerspiegeln, aus anderen wiederum etwas lernen, auch wenn es uns erst später klar wird. Schließlich habe ich verstanden, dass man die Leute, die man geliebt hat, ein Leben lang mit sich herumträgt, auch wenn man darüber hinweg ist. Das Herz besitzt eine unglaubliche Regenerationsfähigkeit. Wie ein Motor braucht es aber die angemessene Wartung, sonst kommt es zu Schaden. Das Herz bringt uns an Orte, wo das Hirn noch keinen Zugang hat, deswegen sollten wir öfters darauf hören.
Welche Bücher haben dich geprägt?
Tender Bar von J.R .Moehringer, The Forgiveness Parade von Jeffrey McDaniel, Extrem laut und unglaublich nah von Jonathan Safran Foer. Und zwei Autoren: Isabel Allende und Michel Houellebecq.
Hast du dich schon einmal in eine literarische Figur verliebt?
Ja, ich habe mich mit 17 in Holden Caulfield (Der Fänger im Roggen) verliebt. Alle anderen habe ich nur gern gehabt.
Welche deutschen Bücher würdest du weiterempfehlen ?
Jagd von Martin Walser und Mein zweites Leben: Autobiografie von Christine F.