
Eli Bădică | Foto: Europa scriitorilor și a jurnaliștilor
Gegen Ende Oktober 2013 nahm eine Gewissheit Gestalt an: in Jassy war das größte Literaturfestival Rumäniens ins Leben gerufen worden – das Festival für Literatur und literarische Übersetzung in Jassy (FILIT). Die 2014er Ausgabe des Festivals tat nichts anderes, als dies durch Dutzende und Aberdutzende von renommierten Gästen zu bestätigen.
Die Existenz des Festivals wurde im folgenden Jahr durch politische und organisatorische Schwierigkeiten bedroht. Man organisierte eine Protestausgabe, welche nur drei Tage andauerte und zu der nur zwei Autoren aus dem Ausland eingeladen waren (Evgheni Vodolazkin und Slobodan Despot). Das Festivalprogramm war eher auf inländische Übersetzer und Schriftsteller ausgerichtet. Dank tatkräftiger Unterstützung aus dem Aus- und Inland konnte ein kleiner Teil des ursprünglichen Festivalteams seine Position behaupten: Dazu zählte auch der Festivalmanager, der bekannte Schriftsteller Dan Lungu, der von einem Team des Nationalmuseums für rumänische Literatur Jassy unterstützt wurde.
Das hatte zur Folge, dass in diesem Jahr das FILIT für fünf Tage (26. – 30. Oktober) erneut stattfand. Auf dem Programm standen über 30 Veranstaltungen – Debatten, runde Tische, Fachgespräche, Diskussionen, Workshops, Vernissagen – an denen dutzende von eingeladenen Schriftstellern, Verlegern, Übersetzern, Kulturjournalisten und Literaturkritikern aus Rumänien und dem Ausland (Frankreich, Russland, Norwegen) teilnahmen.
Bei der Eröffnung der 2016er Ausgabe des Festivals, die im Vasile-Alecsandri-Nationaltheater Jassy stattfand, sprach Dan Lungu davon, dass die diesjährige Ausgabe eine Ausgabe der Wiederkehr sei, ein Versuch von Neuem „Höhe zu erlangen“, ein Versuch, das Festival wieder zur Größe der ersten zwei Ausgaben zu führen, wobei er sich besonders auf die 2014er Ausgabe bezog. Ein weiterer von ihm intensiv angesprochener Aspekt war die Gründung einer Stiftung für Kultur. Diese sei von lokalen Politikern oft versprochen worden und würde die einzige Möglichkeit darstellen, das FILIT unter normalen Bedingungen und ohne externen Druck weiterzuführen.
Das ist besonders wichtig, da für dieses Jahr eine neue Strategie in Angriff genommen wurde: Das Festival wurde in eine kulturelle Plattform verwandelt. Seit dem Frühling 2016 beschäftigte sich das FILIT damit, Grundlagen für ein System von Stipendien für Übersetzer des Rumänischen zu schaffen. 32 solcher Stipendien (6 für rumänische Autoren und 26 für Übersetzer aus dem Rumänischen) sind bereits in Partnerschaft mit dem Ipotești-Memorial in Botoșani (A.d.Ü. Museum am Geburtsort des Nationaldichters Mihai Eminescu) geschaffen worden. Dies sei, so Dan Lungu, „das größte System von Stipendien in ganz Osteuropa“. Bis aber das FILIT zu altem Glanz zurückgefunden hat, werde ich die wichtigsten Ereignisse festhalten, an denen ich in diesem Oktober teilnehmen konnte.
Das Internationale Festival für Literatur und literarische Übersetzung in Jassy feierte sein Debüt mit der Premiere einer Vernissage, welche zwei Publikumsschichten zusammenbrachte, die sich sonst selten treffen: Literaturliebhaber und Kunstbegeisterte. Die Grafikausstellung zum Thema „100 Jahre Dada – Tristan Tzara illustriert von Picasso, Matisse, Arp und Masson“ war ein perfekter Impuls für einen warmen, entspannten und an visuellen Interpretationen reichen Abend. Organisiert wurde die Ausstellung vom Nationalmuseum für rumänische Literatur Jassy und der Vereinigung „Patrimoniu pentru comunitate“ („Kulturgut für die Gemeinschaft“). Diesem Abend folgten drei weitere Festivalabende. Am Donnerstag, dem 27. Oktober fand der Goncourt Abend mit den französischen Autoren Jean Rouaud (ausgezeichnet mit dem Goncourt Preis für seinen Roman
Die Felder der Ehre) und Nicolas Cavaillès (Goncourt Preis für seine Novelle
Vie de monsieur Leguat „Das Leben des Herrn Leguat“) statt. Moderiert wurde der Abend vom Journalisten Pascal Jourdana. Das Ergebnis war ein inhaltsreiches Gespräch über die Freiheit des Schriftstellers, den neuen französischen Roman, die Suche nach passenden Erzählformen, über Übersetzungen, über die Schwierigkeit zu schreiben, nachdem man gleich zu Beginn seiner Karriere einen wichtigen Preis erhält, und vieles mehr.
Am 28. Oktober wurden die Diskussionen aus dem Vasile-Alecsandri-Nationaltheater in die Aula der zentralen Universitätsbibliothek „Mihai Eminescu“ verlegt. Das Publikum wurde dort durch einen „Erzählerwettstreit“ erfreut, der unter dem Motto
Seara poverstitorilor: Dezbaterea finală („Der Abend der Erzähler. Die letzte Debatte“) stand. Drei rumänische Autoren (Florin Iaru, Iulian Tănase und Alex Tocilescu) übertrafen sich gegenseitig mit Geschichten über Katzen, beschämenden Momenten aus ihren Leben und Verspätungen, welche ihr Leben gezeichnet haben. Mit Geschichten über vor zwanzig Jahren Erlebtes Getanes, Verlorenes und Erlittenes begeisterten sie ihre Zuhörer. Moderiert wurde der Abend von George Onofrei und Vlad Tăușance.
Ehrengast des dritten FILIT Abends war der bekannte rumänische Historiker Lucian Boia, dessen Verhältnis zur Geschichte im Gespräch mit Dorin Dobrincu, einem Historiker aus Jassy, analysiert wurde. Der Abend fand unter dem Motto
Istoria ca ficțiune („Geschichte als Fiktion“) statt.
An den Tagen des Festivals wurden zahlreiche Veranstaltungen angeboten, welche bei den Besuchern den Wunsch auslösten, sich teleportieren zu können.
Die Begegnungen von Schriftstellern und Schülern – sei es in einigen der besten Gymnasien von Jassy, sei es in anderen Umgebungen wie dem Theater Fix – waren wie üblich am überraschendsten und vielversprechendsten. Die Jugendlichen kamen mit gut gestellten Fragen, umfassenden Lektürewissen und dem Wunsch, ihre Lieblingsschriftsteller besser kennenzulernen. Ebenfalls erwähnt werden müssen die Debatten unter den Schriftstellern, den Übersetzern, den Literaturkritikern oder Journalisten, die anderen Vernissagen und praktischen Workshops. Jassy verlässt man niemals anders als mit unzähligen Geschichten im Gepäck, über welche man bis zur nächsten Ausgabe nachdenken soll. Dies wünschen wir auch Ihnen, liebe Leser.
Text: Eli Bădică
Übersetzung: Valentin Munteanu