
Sharon Dodua Otoo © ORF/Ralf Steinberger
Julia Wolf gewann den
3SAT-Preis, das Publikum stimmte für die Österreicherin
Stefanie Sargnagel.
Der Ingeborg-Bachmann-Preis geht an die in Berlin lebende britische Autorin Sharon Dodua Otoo für ihren Text „Herr Gröttrup setzt sich hin“. Sandra Kegel hielt die Laudatio für Sharon Dodua Otoo, nannte den Text eine charmante, unangestrengte Satire über deutschen Alltag, das Ei übernimmt am Frühstückstisch die Geschichte. Ein feiner Humor der Verunsicherung eines Physikers, der glaubt, die Welt sei eine Versuchsanordnung - mehr dazu in Jurydiskussion Sharon Dodua Otoo. Die Klagenfurter Bürgermeisterin Maria Luise Mathiaschitz überreichte den Bachmann-Preis und nannte Otoo „eine neue Stimme in einer neuen Gesellschaft“.
Die morgendliche Routine des Ehepaars Gröttrup ist seit Jahre gleich. Den Abschluss des Frühstücks bildet stets ein siebeneinhalb Minuten lang gekochtes Ei. Eines Morgens weigert sich das Ei hart zu werden - bekommt ein Eigenleben und wird zum Ich-Erzähler. Das stürzt vor allem den pensionierten Herrn Gröttrup, ein klassischer Patriarch, in eine Krise. Angelehnt ist die Hauptfigur an Helmut Gröttrup (1916 - 1981), deutscher Ingenieur und Raketenfachmann.
„Manchmal wache ich auf und denke: Heute bin ich ein Ei. Zugegeben: Das passiert mir nicht oft."
Sharon Dodua Otoo geboren 1972 in London, ist Schwarze Britin - Mutter, Aktivistin, Autorin und Herausgeberin der englischsprachigen Buchreihe „Witnessed“. Sharon Dodua Otoo lebt, lacht und arbeitet in Berlin. Ihre erste Novelle „the things i am thinking while smiling politely“ erschien 2012, wie alle ihre Bücher im Verlag edition assemblage. Die deutsche Übersetzung „die dinge, die ich denke, während ich höflich lächle“ wurde 2013 veröffentlicht. Darüber hinaus gibt es mehrere Kurzgeschichten wie „Whtnacig Pnait (Watching Paint)“ in „Winter Shorts“ Münster: Edition Assemblage (2015), wissenschaftliche Beiträge und Artikel in Zeitungen.

In seinem Schlusswort sagte Juryvorsitzender Hubert Winkels, viele Texte handelten vom Fremden, von der Bedrohung durch Fremde, konkret aus islamischen Raum, aus afrikanischen Raum. Jeder Text versuche die mediale Vermittlung dieses Geschehens. „Die Literatur fragt, was ist los auf der Welt“. Es sei auch immer wieder Thema, wie präpotent sei die Jury beim Urteilen, er glaube, das sei lange vorbei und werde immer nur wieder gerne aufgetischt.
Im Bild: Stefanie Sargnagel (BKS Publikumspreis), Sharon Dodua Otoo (Bachmannpreis), Julia Wolf (3SAT Preis), Dieter Zwicky (KELAG Preis).© ORF/Johannes Puch