
Was mich betrübt
Donnerstag, 2. Februar 2012

Es kam zum Handgemenge, Steine flogen und am Schluss waren insgesamt 43 Verletzte auf beiden Seiten zu beklagen. Erst als die Parlamentssitzung zu Ende war und die Abgeordneten das Gebäude verlassen hatten, ließen die Muslimbrüder die Demonstranten passieren.
Doch was mich betrübt, ist nicht das zugleich schlimme und lächerliche Szenario an sich, sondern die komplexen Gründe, die dahinterstecken.
Denn ich war in jungen Jahren selbst einer von denen, die an diesem Tag von der Muslimbruderschaft benutzt worden sind und sich als Beschützer der Parlamentarier aufgespielt haben. Der Kern des Problems liegt meiner Meinung nach darin, dass diese Helfershelfer nicht für eine politische Idee kämpfen, sondern für eine religiöse Überzeugung.
Den jungen Anhängern der Muslimbruderschaft wird nämlich pausenlos suggeriert, dass die Bruderschaft eine Art gottgewollte Politik verfolge, die darauf abzielt, erst eine islamische Regierung, dann ein islamisches Kalifat und schließlich die islamische Weltherrschaft durchzusetzen. Sie glauben, dass es die religiöse Pflicht eines jeden Muslims sei, der der Bruderschaft angehört, für diese Ziele zu kämpfen.
An dieser religiösen Ausrichtung der Bruderschaft liegt es, dass diejenigen, die sich am Dienstag vor dem Parlament den Demonstranten in den Weg gestellt haben, fest davon überzeugt waren, den Geboten des großen und allmächtigen Gottes zu folgen und ihm deshalb besonders nahe zu stehen. Jeder von ihnen, der während der Auseinandersetzung verletzt wurde, rechnet damit, eines Tages von Gott reich dafür entlohnt zu werden. So hat man es uns seit jeher eingetrichtert.
Von klein auf wird den jungen Mitgliedern der Muslimbruderschaft eine regelrechte Gehirnwäsche verpasst. Bekanntermaßen hatte der Prophet Mohammed ja seine Anhänger vor wichtigen Schlachten zu unbedingtem Gehorsam aufgerufen. Und tatsächlich ist blinder Gehorsam seit Menschengedenken ein Garant für militärische Erfolge. Ich erinnere mich noch gut an die Worte des berühmten Führungsmitglieds der Bruderschaft, Gamal Heshmat: „Die Bruderschaft duldet in ihren Reihen vielleicht Leute, die nicht dem Wort Gottes folgen. Aber sie wird niemals Leute dulden, die der Führung nicht gehorchen.“ Um diesen unbedingten Gehorsam zu erreichen, werden auch gerne mal die Überlieferungen aus dem Zusammenhang gerissen und verdreht. Was dann bei den jungen Mitgliedern ankommt, sind Aussprüche des Propheten, wie: „Wer seinen Führern gehorcht, gehorcht mir. Und wer mir gehorcht, gehorcht Gott.“ Oder: „Gehorche, selbst wenn es deiner eigenen Überzeugung widerstrebt.“
Den absoluten Gehorsam hält der junge Muslimbruder somit für eine religiöse Pflicht, weil er glaubt, die Bruderschaft habe den göttlichen Auftrag, für den Sieg der „islamischen Sache“ zu sorgen. Abtrünnige Muslimbrüder werden demnach gleichgesetzt mit all denen, die sich Gottes Willen widersetzen. Und genau darin liegt das Problem. Der Kampf für eine politische Ideologie impliziert immer auch die Möglichkeit, dass zumindest ein Teil dieser Ideologie in Frage gestellt werden kann. Beim Kampf für eine religiöse Überzeugung, die auf das Wort Gottes zurückgeht, kann und darf hingegen niemals auch nur der leiseste Zweifel an der Richtigkeit dieser Überzeugung aufkommen.
Aus diesem Grund werden Zweifler und Kritiker aus den Reihen der Muslimbrüder umgehend fallen gelassen. Bestes Beispiel hierfür ist der ehemalige stellvertretende Führer der Bruderschaft, Mohamed Habib. Er hatte den Verdacht geäußert, dass es bei den internen Wahlen nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Und der Fall Habib ist kein Einzelfall, wie die Vergangenheit gezeigt hat.
Und die Geschichte hat ebenfalls gelehrt, dass die Auseinandersetzung vor dem Parlament am 31. Januar mit Sicherheit nicht die letzte dieser Art gewesen sein wird. Bereits 1946 waren junge Mitglieder der damals mit der Regierung von Ismail Sidqi verbündeten Muslimbruderschaft mit brutaler Gewalt auf Demonstranten losgegangen, die gegen die verhasste Regierung protestierten.
In einer Gesellschaft, in der das Bildungsniveau stetig sinkt, und die Analphabetenrate beständig steigt, wird das Gedankengut der Muslimbrüder immer auf fruchtbaren Boden fallen. Als ich in die Organisation eintrat, war ich sechzehn. Aber ich habe viel gelesen, und irgendwann wurde mir klar, dass das, was die Führer der Muslimbrüder da von sich geben, nicht korrekt sein kann, weder in religiöser noch in politischer Hinsicht. Deshalb bin ich dann auch aus der Bruderschaft ausgetreten. Ich glaube, Bildung und Kultur könnten ein Ausweg sein. Worunter unser Land im Moment am meisten leidet, ist eine massive Bildungs- und Kulturkrise.
Doch was mich betrübt, ist nicht das zugleich schlimme und lächerliche Szenario an sich, sondern die komplexen Gründe, die dahinterstecken.
Denn ich war in jungen Jahren selbst einer von denen, die an diesem Tag von der Muslimbruderschaft benutzt worden sind und sich als Beschützer der Parlamentarier aufgespielt haben. Der Kern des Problems liegt meiner Meinung nach darin, dass diese Helfershelfer nicht für eine politische Idee kämpfen, sondern für eine religiöse Überzeugung.
Den jungen Anhängern der Muslimbruderschaft wird nämlich pausenlos suggeriert, dass die Bruderschaft eine Art gottgewollte Politik verfolge, die darauf abzielt, erst eine islamische Regierung, dann ein islamisches Kalifat und schließlich die islamische Weltherrschaft durchzusetzen. Sie glauben, dass es die religiöse Pflicht eines jeden Muslims sei, der der Bruderschaft angehört, für diese Ziele zu kämpfen.
An dieser religiösen Ausrichtung der Bruderschaft liegt es, dass diejenigen, die sich am Dienstag vor dem Parlament den Demonstranten in den Weg gestellt haben, fest davon überzeugt waren, den Geboten des großen und allmächtigen Gottes zu folgen und ihm deshalb besonders nahe zu stehen. Jeder von ihnen, der während der Auseinandersetzung verletzt wurde, rechnet damit, eines Tages von Gott reich dafür entlohnt zu werden. So hat man es uns seit jeher eingetrichtert.
Von klein auf wird den jungen Mitgliedern der Muslimbruderschaft eine regelrechte Gehirnwäsche verpasst. Bekanntermaßen hatte der Prophet Mohammed ja seine Anhänger vor wichtigen Schlachten zu unbedingtem Gehorsam aufgerufen. Und tatsächlich ist blinder Gehorsam seit Menschengedenken ein Garant für militärische Erfolge. Ich erinnere mich noch gut an die Worte des berühmten Führungsmitglieds der Bruderschaft, Gamal Heshmat: „Die Bruderschaft duldet in ihren Reihen vielleicht Leute, die nicht dem Wort Gottes folgen. Aber sie wird niemals Leute dulden, die der Führung nicht gehorchen.“ Um diesen unbedingten Gehorsam zu erreichen, werden auch gerne mal die Überlieferungen aus dem Zusammenhang gerissen und verdreht. Was dann bei den jungen Mitgliedern ankommt, sind Aussprüche des Propheten, wie: „Wer seinen Führern gehorcht, gehorcht mir. Und wer mir gehorcht, gehorcht Gott.“ Oder: „Gehorche, selbst wenn es deiner eigenen Überzeugung widerstrebt.“
Den absoluten Gehorsam hält der junge Muslimbruder somit für eine religiöse Pflicht, weil er glaubt, die Bruderschaft habe den göttlichen Auftrag, für den Sieg der „islamischen Sache“ zu sorgen. Abtrünnige Muslimbrüder werden demnach gleichgesetzt mit all denen, die sich Gottes Willen widersetzen. Und genau darin liegt das Problem. Der Kampf für eine politische Ideologie impliziert immer auch die Möglichkeit, dass zumindest ein Teil dieser Ideologie in Frage gestellt werden kann. Beim Kampf für eine religiöse Überzeugung, die auf das Wort Gottes zurückgeht, kann und darf hingegen niemals auch nur der leiseste Zweifel an der Richtigkeit dieser Überzeugung aufkommen.
Aus diesem Grund werden Zweifler und Kritiker aus den Reihen der Muslimbrüder umgehend fallen gelassen. Bestes Beispiel hierfür ist der ehemalige stellvertretende Führer der Bruderschaft, Mohamed Habib. Er hatte den Verdacht geäußert, dass es bei den internen Wahlen nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Und der Fall Habib ist kein Einzelfall, wie die Vergangenheit gezeigt hat.
Und die Geschichte hat ebenfalls gelehrt, dass die Auseinandersetzung vor dem Parlament am 31. Januar mit Sicherheit nicht die letzte dieser Art gewesen sein wird. Bereits 1946 waren junge Mitglieder der damals mit der Regierung von Ismail Sidqi verbündeten Muslimbruderschaft mit brutaler Gewalt auf Demonstranten losgegangen, die gegen die verhasste Regierung protestierten.
In einer Gesellschaft, in der das Bildungsniveau stetig sinkt, und die Analphabetenrate beständig steigt, wird das Gedankengut der Muslimbrüder immer auf fruchtbaren Boden fallen. Als ich in die Organisation eintrat, war ich sechzehn. Aber ich habe viel gelesen, und irgendwann wurde mir klar, dass das, was die Führer der Muslimbrüder da von sich geben, nicht korrekt sein kann, weder in religiöser noch in politischer Hinsicht. Deshalb bin ich dann auch aus der Bruderschaft ausgetreten. Ich glaube, Bildung und Kultur könnten ein Ausweg sein. Worunter unser Land im Moment am meisten leidet, ist eine massive Bildungs- und Kulturkrise.
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