Die Messlatte lag noch nie so hoch. Bei den Olympischen Spielen in London im Jahr 2012 und in Vancouver im Jahr 2010 kamen Pläne zur teilweisen Kompensation der CO2-Bilanz der Veranstaltungen zum Einsatz. Doch nie zuvor wurde eine völlige Klimaneutralität bei einem internationalen Sportwettbewerb angestrebt.
Man muss sich nur einmal vorstellen, wie viel Energie und wie viele Ressourcen für die Organisation einer Großveranstaltung wie der Olympischen Spiele benötigt werden, etwa für die Errichtung der Sportanlagen, die Beleuchtung und Beheizung des Stadiums, der Hotels und Restaurants, die Flüge zur Beförderung der Sportler und Zuschauer, die tägliche Arbeit der Organisatoren. Ein Team russischer und internationaler Experten hat die direkte Klimabilanz der kommenden Spiele in Sotschi berechnet. Sie wird ihrer Meinung nach bei 340000–360000 Tonnen CO2 liegen – das ist beinahe so viel wie die jährliche Emission kleiner Staaten wie Andorra oder Belize!
Die Frage ist, wie die Organisatoren das ehrgeizige Ziel klimaneutraler Spiele in Sotschi erreichen wollen. Man will der Treibhausgasemission durch verbesserte Energieeffizienz entgegentreten; so soll Strom mit erneuerbaren Energien (vor allem aus Wind und Sonne) erzeugt und bei der Errichtung der Anlagen auf kohlenstoffarme Materialien und umweltfreundliche Technologien zurückgegriffen werden. Wenn sich Emissionen nicht vermeiden lassen, wie der CO2-Ausstoß der Flüge zur Beförderung der Teilnehmer, sollen sie durch Umweltvorhaben in Russland kompensiert werden, die auf Abschwächung des Klimawandels, Anpassung an die globale Erderwärmung und Naturschutz ausgerichtet sind. Ein Beispiel ist ein Projekt zum Schutz des natürlichen Lebensraums der Amurtiger und Schneeleoparden in den Tälern des Bikin in Russlands Fernem Osten. Also sollen die Emissionen der Olympischen Spiele durch Umweltprojekte und nicht – wie zuvor gehandhabt – durch den Kauf von Zertifikaten vollständig kompensiert werden.
Trotz der Kontroversen um die Umweltaspekte (besonders die Schädigung des Westkaukasischen Biosphärenreservats) besteht eine echte Chance, dass Sotschi 2014 die erste klimaneutrale Olympiade der Geschichte wird. Zudem macht man mit der Kampagne „Klimaneutrale Olympische Spiele“ Millionen Zuschauer in der ganzen Welt und besonders in Russland auf den drohenden Klimawandel und darauf aufmerksam, wie jeder Einzelne diesem Problem durch die Reduzierung der persönlichen Klimabilanz entgegenwirken kann.
Übersetzung: Christiane Wagler