Erst vor ein paar Tagen umriss der russische Präsident als Vorsitzender des Regierungsausschusses für Modernisierung die wichtigsten umweltbezogenen Herausforderungen, denen wir uns beim Ausbau der russischen Wirtschaft gegenübersehen. Glücklicherweise haben Themen wie die Eindämmung des Klimawandels und regenerative Energien endlich die Aufmerksamkeit russischer Entscheidungsträger gewonnen.
Russland befindet sich im Wandel und unternimmt alle möglichen Anstrengungen, um die in ungeheurem Maße von Bodenschätzen abhängende Wirtschaft zu reformieren. „Modernisierung“ ist, besonders in Begleitung von Worten wie „Öko“, „ökologisch“ und „umweltfreundlich“, derzeit vermutlich das beliebteste Wort im politischen Vokabular des Landes.
Tatsächlich setzen die russischen Machthaber neuerdings Umweltthemen auf die Agenda, nicht zuletzt wegen der unkontrollierbaren Waldbrände im vergangenen Sommer, die das Unvermögen der Regierung im Umgang mit akuten Umweltgefahren offenbarten. Auch die jüngste Katastrophe in Japan entfachte die Diskussion. Beide Ereignisse ließen das Umweltbewusstsein des russischen Volkes erwachen. Die anstehenden Präsidentschaftswahlen in Russland im März 2012 sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Um dem wachsenden Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Umweltsicherheit gerecht zu werden, hat sich die russische Regierung schließlich entschlossen, etwas zu unternehmen.
In seiner Eröffnungsrede bei der letzten Sitzung des Regierungsausschusses für Modernisierung am 27. Juni 2011 lenkte Präsident Dmitri Medwedew die Aufmerksamkeit der russischen Führung auf die Aufgaben auf dem Gebiet des Umweltschutzes, der sauberen Energien und der Eindämmung des Klimawandels, die in Angriff genommen werden müssen, um die Wirtschaft des Landes umweltfreundlicher und damit wettbewerbsfähiger zu gestalten. Dazu gehören:
1. Die Entwicklung eines Systems zur Umweltüberwachung aus dem Weltraum, besonders um aktuelle Daten über Waldbrände, die Eisschmelze in der Arktis und die Arbeitsweise von Kernkraftwerken zu erhalten.
2. Die Förderung erneuerbarer Energiequellen, die derzeit weniger als 1 % der gesamten nationalen Stromerzeugung ausmachen.
3. Die Einführung neuer Kraftstoffnormen und die Umrüstung öffentlicher Verkehrsmittel auf Hybrid- und Elektrofahrzeuge. Mehr als zwei Drittel der Russen nutzen regelmäßig öffentliche Verkehrsmittel. Russland kann sich bereits eines relativ hohen Anteils (13 %) elektrischer Transportmittel (Straßenbahnen, Oberleitungsbusse und U-Bahnen) am gesamten Personenverkehr rühmen. Wenn das Programm des Präsidenten in die Praxis umgesetzt wird, könnte sich dieser Anteil in Zukunft noch deutlich erhöhen.
4. Eine aktivere Beteiligung der russischen Unternehmen am internationalen CO2-Handel. Dieses Thema hat plötzlich an Brisanz gewonnen. Russland besitzt immer noch einen großen Überschuss an Emissionen, der im Rahmen der Kyoto-Mechanismen gehandelt werden könnte. Russische Unternehmen, die zunächst von der Idee zusätzlicher grüner Investitionen durch Klimaschutzprojekte angetan waren, verloren aufgrund der Zögerlichkeit der Regierung nach und nach ihr Interesse am Emissionshandel. Die nationale Prozedur für die Genehmigung von Klimaschutzprojekten wurde 2009 ausgearbeitet, fast zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der ersten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls. Und erst in diesem Jahr wurden die ersten 33 russischen Klimaschutzprojekte offiziell registriert. Es sind nur noch anderthalb Jahre, bis die erste Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls endet. Plötzlich hat sich Moskau an das ungenutzte CO2-Emissionsminderungspotential in Millionenhöhe (sprich, einem abrufbaren Eurobetrag in Millionenhöhe) erinnert. „Wir verlieren sowohl Zeit, als auch Investoren“, bemerkte der Präsident. Lieber spät als nie …
5. Ein weiterer Ausbau der Kernenergie. Leider betrachtet Russland die Kernkraft als klimafreundliche Energieressource und teilweisen Ersatz für fossile Brennstoffe. Jedoch wurde angemerkt, dass Russland weiterhin an der Erhöhung der Sicherheit der Atomkraftwerke und Lager für atomaren Restmüll arbeiten will. Demgegenüber zeigen die Ergebnisse einer kürzlich von der US-amerikanischen Harris Interactive Inc. und der japanischen Zeitung „Asahi“ durchgeführten Umfrage, dass 52 % der Russen die Atompolitik der Regierung nicht billigen.
Quelle: http://www.anti-atom.ru/ab/node/2595
Ich würde gern mit den Worten von Dmitri Medwedew schließen: „All die schönen und großen Worte über Umwelt sind nichts wert, wenn man sie nicht in Form von staatlichen Innovationen und umweltfreundlichen Entwicklungsvorhaben umsetzt und vor allem, wenn sie nicht die grundlegende Unterstützung der Wirtschaft des Landes finden.“ Und er fügte hinzu: „Das ist derzeit unser wichtigstes Anliegen.“
Quelle: http://eng.kremlin.ru/news/2470
Der neue grüne Ansatz bei der Modernisierung der Wirtschaft, die Einführung neuer, sauberer Technologien, die Verantwortung der Unternehmen für die Umwelt … das alles scheint in die richtige Richtung zu gehen. Abgesehen von einem winzigen Detail. Ich hoffe wirklich, dass die „schönen und großen Worte“ nicht nur Teil einer politischen Kampagne sind und ihnen auch nach 2012 Taten folgen (und hier überkommt mich plötzlich die Erinnerung an Kopenhagen 2009 ).
Übersetzung: Christiane Wagler