
|© Danube Fluss Verlag
Damit man mir nicht einen völligen Mangel an Methode bei der Zusammenstellung dieser Anthologie vorwirft, wählte ich einerseits, als objektives Auswahlkriterium, das Alter der Dichter, welches 39 Jahre nicht übersteigt (mit einer einzigen Ausnahme, die wohl immer eine anständige Regel bestätigt). Andererseits, auf absolut subjektiver Ebene, entschied ich mich für die Qualität der Gedichte, indem ich jene bevorzugte, die nicht nur wunderbar an sich sind, sondern mich vielmehr durch jenes gewisse Etwas überzeugten, das sie auch noch nach wiederholtem Lesen beibehielten.
Kurzum, das sind meiner Auffassung nach die derzeit besten elf jungen zeitgenössischen Dichter, die Rumänien zu bieten hat. Wie beim Fußball ist das im Moment die Spitzen-Elf, also jenes Team, das ich als virtueller Talentsucher gewählt habe, um es in folgender Aufstellung auf das Spielfeld zu schicken:
Im Tor steht die Ausnahme, V. Leac, den ich gerade wegen seiner Erfahrung als Dichter, der schon alles gesehen hat und kaum mehr getäuscht werden kann, einem jüngeren Kollegen vorgezogen habe. Dem Experiment gewidmet, ist V. Leac ein radikal anderer Autor als seine Kollegen, so wie es eben nur ein Torhüter in Vergleich zu seinen Feldspielern sein kann.
Am anderen Ende der Altersskala, als rechter Außenverteidiger, spielt Alex Văsieș, ein Dichter mit hohem Grad an Wendigkeit und eindeutigen Qualitäten in der Offensive. In seinen aufbautechnisch ausgezeichneten Erzählgedichten beherrscht er mit Leichtigkeit den spieltaktischen Rückzug, der ihm zugleich einen überraschenden Gegenstoß ermöglicht.
In der Mitte habe ich mich für ein solides Verteidigerpaar entschieden. Wenn auch unterschiedlich in ihrem Wesen, ergänzen sich die Beiden hervorragend: Andrei Doboș, ruhig und besonnen, kräftig, ausgezeichnet im „Mann-gegen-Mann“-Spiel, aber auch in Standardsituationen und beim Weitschuss, wird er an der hinteren Abwehrlinie von der Präzision Ruxandra Novacs unterstützt, einer kaltblütigen Dichterin, einwandfrei in entscheidenden Interventionen. In Gegenangriffssituationen ist Ruxandra Novac die beste Verteidigerin, die sich eine Mannschaft an der hintersten Spielfront nur wünschen kann.
Linke Außenverteidigerin ist Gabi Eftimie. Gemäßigt, aufmerksam, zeigt die Dichterin in ihren jüngsten Texten eine vollkommene Reife, behält sich aber auch einige offensive Eigenschaften, die bereits ihren Debütband auszeichneten. Dies kommt an der linken Flanke Cosmina Moroșan zugute, einer außerordentlich schnellen und einfallsreichen Mittelfeldspielerin, deren Jugend und Behauptungsdrang sie dazu anspornen, immer weiter nach oben zu streben und die gegnerische Verteidigung stets mit anspruchsvollen Spielkombinationen zu konfrontieren.
In der Spielfeldmitte, hingebungsvoll und belastbar, unterstützt Elena Vlădăreanu das Spiel durch ihre kurzen Pässe in der ersten Phase des Übergangs von der Defensive in die Offensive und kämpft sich Meter um Meter vor, wie im American Football. Elena Vlădăreanu ist eine vollkommene Dichterin, ein Box-to-Box-Player, eine Strafraumpendlerin, die in der Angriffsphase hochwertige Pässe in die Tiefe liefert und in Abwehrsituationen extrem gefährlich wird – man kennt sie als schussstarke Spielerin, als Urheberin von Gedichten mit politischer Botschaft.
An der rechten Flanke spielt Vlad Moldovan, der Freistoßspezialist und wichtigste Verantwortliche für Flankenbälle. Es ist an dieser Stelle nur gerecht zu erwähnen, dass er aufgrund seiner raumdeckenden Ballführung, die für die gesamte Offensivlinie neue Spielräume eröffnet, für viele gefährliche Torgelegenheiten verantwortlich zeichnet.
In der oberen Hälfte des Spielfeldes stellt Dan Sociu, Spielkoordinator und Mannschaftskapitän, mit jedem einzelnen seiner Gedichtbände sein Können unter Beweis, indem er aus fast jeder Spielposition ein Tor erzielt oder zumindest einen entscheidenden Pass zu Ionuț Chiva spielt; dieser wiederum manövriert mit seiner mitreißenden Dichtkunst die Abseitstaktik der Abwehr aus und ist stets ein Stachel im Fleisch der Verteidiger. Allein gelassen mit dem gegnerischen Torhüter wird Ionuț Chiva so rücksichtslos, wie es eben nur ein Stürmer sein kann, während es für die Verteidiger unmöglich wird, ihm den Ball abzunehmen, außer sie gehen das Risiko eines Strafstoßes ein. Ganz gleich verhält es sich mit dem anderen Vollblutstürmer, Andrei Dósa, ein großer und kräftiger Spieler, dem es immer gelingt, gleich zwei gegnerische Verteidiger im Schlepptau zu haben, und der vor allem dann eine tödliche Wirkung entfaltet, wenn der Ball über die Mittellinie in den gegnerischen Strafraum gespielt wird.
Natürlich ist es mir bewusst, dass wichtige Namen auf der Ersatzbank sitzen bleiben mussten, aber ich habe meine Entscheidung lange abgewogen und ich stehe zu meiner Auswahl. Das ist meine Spitzen-Elf, für die ich jederzeit geradestehe.
Deutsche Fassung: Daria Schnut-Hainz